Dies ist der zweite Teil meiner Reportage über mein dreijähriges Leben in Mexiko. Im ersten Teil habe ich erzählt, wie es ist, mit einer mexikanischen Familie zusammenzuleben – und wie kreativ man plötzlich wird, wenn keiner so richtig die Sprache des anderen spricht (Spoiler: viel Gestik, viele schiefe Übersetzungen und sehr viel Lachen).
Hier kommst du zum ersten Teil
Jetzt nehme ich dich mit nach Jocotopec am Chapalasee. Dort habe ich mein erstes Workaway in Mexiko gestartet – und das war alles andere als langweilig. Stell dir vor: 61 Katzen, die mich in Beschlag nehmen, ein Zauberer namens Merlin (ja, wirklich, eine Katze), ein Schamane, der schneller spricht als ein Auktionshausverkäufer, und jede Menge kleine Alltagsabenteuer zwischen Ajijic, Chapala und Guadalajara.

Inhaltsverzeichnis
Mein erstes Workaway in Mexiko – Casa Miau
Als ich noch in Deutschland gewesen bin, legte ich mir ein Profil auf der Website Workaway an. Der ganze Prozess ist einfach und für 25 Dollar pro Jahr nicht teuer. Die Plattform soll den kulturellen Austausch fördern. Dem Reisenden wird eine Unterkunft und Nahrung gestellt. Im Gegenzug verpflichtet sich der Reisende zu helfen. Das können ganz verschiedene Tätigkeiten sein, zum Beispiel das Bauen eines Hauses, Garten- und Grundstückspflege, renovieren eines Bootes, Hilfe bei der Kinderbetreuung, Mitarbeit auf einer Farm, Sprachunterricht geben, usw. Erfahrung wird selten vorausgesetzt, Hauptsache man ist engagiert und bereit, Neues zu lernen.
Wichtig ist auch, dass das Ganze nicht falsch interpretiert wird. Workaway ist keine Plattform, mit deren Hilfe man ausschließlich kostengünstig reisen kann. Hier wird Wert auf den kulturellen Austausch gelegt.
Keine 10 Minuten nachdem ich meinen Account angelegt hatte, bekam ich eine Anfrage aus Mexiko. Eine Frau schrieb mir, dass sie Hilfe benötige für ihr Katzentierheim. Eine Weile schrieben wir hin und her und ich erfuhr, dass sie ursprünglich in Deutschland geboren wurde, dann in den Vereinigten Staaten für eine ganze Weile lebte und letztendlich mit ihrem Mann nach Mexiko gezogen ist. Wir vereinbarten, dass ich im Juni kommen würde.
Ende Mai wurde ich dann von ihr angefragt, ob ich auch früher kommen könnte. Da ich damals bei der Familie in Tlaxcala gewesen bin und ich sowieso weiterreisen wollte, kam mir das sehr gut gelegen. Also fuhr ich mit dem Nachtbus von Puebla nach Guadalajara und von dort nahm ich ein Taxi nach Jocotopec.
Das Zuhause der Katzen heißt übrigens, wie auch sonst😂, „Casa Miau“ – und dort begann mein erstes Workaway in Mexiko. Nur so viel dazu, wie es den Katzen dort geht:

Alltag im Katzentierheim Casa Miau
Hier wohnen 61 Katzen und Katzinnen. Einige wohnten auf dem Dach, andere unter einem Bett (außer es war Fütterungszeit!). Merlin der Zauberer war auch dabei. Unter Benitos wachsamen Augen wurde mir die Anlage gezeigt und erklärt. Kein Scherz, der schwarze Kater folgt jedem Neuankömmling und kontrolliert, dass genau besprochen wird, wann es wo Futter gibt.

Meine Aufgaben waren eigentlich ganz einfach. Jeden Morgen gegen 9 Uhr wurden die Katzen gefüttert. Dabei half ich beim Verteilen und achtete darauf, dass alle Katzen etwas abbekamen und auch die Tiere auf dem Dach oder in der Isolation gefüttert wurden. Einige Katzen betraten niemals das Haus, deswegen wurden jene draußen gefüttert. Einmal täglich wurde frisches Huhn gefüttert und zweimal die Woche gab es Fisch. Natürlich immer mit Katzenfutter gemischt.
Anschließend konnte ich entscheiden, was ich machen möchte. Manchmal musste ich ein paar Augen sauber wischen oder Medikamente geben. Meistens stand dann aber eine Massage-Einheit an. Dafür setzt man sich einfach mit einer Bürste bewaffnet hin und wartet auf die ersten Kunden. Sobald ich eine Katze angefangen habe zu bürsten, kamen alle anderen an. Jedes Mal. Das totale Phänomen. Ich habe da zuhause andere Erfahrungen gemacht – meine eigene Katze wäre beim Anblick der Bürste fauchend verschwunden.



Gegen Mittag machten auch die Kätzchen eine Pause und ich hatte bis nachmittags freie Zeit. Manchmal fuhr ich mit dem Bus nach Ajijic oder Chapala. Der Bus in Mexiko hält nicht nur an den offiziellen Bushaltestellen, sondern auch überall an der Straße – man muss ihn nur heranwinken. Eine Fahrt von 30 Minuten hat 9 Pesos, also ca. 30 Cent, gekostet.
Begegnungen mit Heilern und Schamanen
Jeden Donnerstag gab es einen großen Markt in der Nähe und ich habe dort auch Bekanntschaft mit einem Heilerpärchen machen dürfen. Diese haben mir empfohlen, mich einmal mit einem Schamanen zu unterhalten. Ich möchte hier nicht viel darüber berichten, aber solltet ihr einmal die Möglichkeit haben, einen Schamanen zu treffen, dann solltet ihr diese Gelegenheit unbedingt wahrnehmen.
Ich kann nur so viel verraten: Es war mit Sicherheit ganz anders, als ich es erwartet hätte – und eine meiner besten Erfahrungen während meines Workaway in Mexiko. Falls ihr die Landessprache nicht sprecht, nehmt unbedingt einen Dolmetscher mit. Carmen (*Name geändert), meine Freundin, war bei mir mit, und obwohl sie fließend Spanisch sprechen kann, war es auch für sie eine Herausforderung, weil der Schamane so schnell gesprochen hat.
Kleine Abenteuer zwischen Ajijic und Guadalajara
Ajijic ist das „Altenheim“ der USA. Viele US-Amerikaner haben sich dort niedergelassen und mittlerweile wird dort mehr Englisch als Spanisch gesprochen. Häuser sind dort günstiger als in den Staaten, Pflegeheime ebenso und es liegt auch wunderschön, nämlich direkt am Chapalasee.


Hier trifft man auch auf mehr Touristen. Ich glaube, fast niemand verirrt sich nach Jocotopec. Vielleicht mal für einen Tagesausflug, denn der Malecon (ein Park, der am Wasser angelegt wurde) ist besonders abends sehenswert. Außerdem gibt es eine wunderbare Bäckerei mit selbstgebackenen kleinen Törtchen und gefüllten Brötchen.
Ein weiteres tolles Abenteuer habe ich erlebt, als ich mit dem Bus nach Guadalajara gefahren bin. Dort wollte ich die Weltausstellung zu van Goghs Werken sehen.
Carmen hatte mich mit genommen und unterwegs an einer Bushaltestelle rausgeschmissen. Dort habe ich ein junges, super nettes Mädchen getroffen. Sie konnte zum Glück Englisch sprechen. Sie hat mich bis zum Walmart begleitet, weil sie dort arbeiten musste. Bevor sie sich verabschiedet hat, fragte sie für mich nach, welchen Bus ich bis Guadalajara nehmen musste. Anschließend gab sie mir noch ihre Nummer, falls ich weitere Hilfe oder einen Dolmetscher benötigen würde.
Das nächste Problem war, dass dieser Bus nur bis ins Zentrum gefahren ist, mir aber zwischendurch auffiel, dass die Veranstaltung außerhalb stattfindet. Ich bin schließlich irgendwo ausgestiegen und wollte nach einer Busverbindung fragen. Nur leider konnte hier keiner Englisch. Da hab ich auf einmal einen Polizisten getroffen, der sich für mich beim Busfahrer erkundigt hat, welche Linie ich nehmen musste. Dieser Busfahrer hat mich dann kostenlos bis zur besagten Bushaltestelle mitgenommen und mir noch einen schönen Tag gewünscht.
Später musste ich dann erfahren, dass überhaupt kein Bus zu meinem Veranstaltungsort fährt, sondern nur die U-bahn. Die habe ich aber nicht gefunden und schließlich habe ich einfach für 5 Dollar einen Uber-Fahrer gebucht. Zum Glück hatte ich mich entschieden keine Karte zu einer bestimmten Uhrzeit zu reservieren, sondern lieber eine vor Ort zu erwerben…
Die Ausstellung war großartig. Nachdem im Vorraum ein paar seiner bekanntesten Werke gezeigt und seine Lebensgeschichte dargestellt wurde, betrat ich den eigentlichen Vorführungsraum. Auf riesigen Leinwänden wurden Van Goghs Werke zum Leben erweckt. Ich habe gar nicht gewusst, dass er auch japanische Kunst kreiert hat.

Die Übergänge von einem Thema zum anderen wurden fließend gestaltet. Zum Beispiel kam eine Welle von der einen Seite und wurde immer größer und immer mehr Wellen folgten, bis die komplette Leinwand überschwemmt war. Dann floss das Wasser ab und das Bild kam zum Vorschein. Ein anderes Mal sah ich zuerst nur eine grüne Fläche, welche sich ganz langsam formte und andere Farben annahm. Es kamen immer mehr Details vom Kunstwerk dazu, bis sich das ganze Bild darstellte. Die Ausstellung wurde musikalisch in Form von passenden Geräuschen und Liedern ohne Texten begleitet.
Eine Vorführung dauerte ungefähr eine halbe Stunde. Ich bezahlte umgerechnet ungefähr 12 Euro.




Auf dem Rückweg fand ich die U-Bahn Station wieder nicht 😂 Also machte ich mich auf zur Bushaltestelle. Dort traf ich ein junges Pärchen in meinem Alter. Beide studierten im technischen Bereich und sprachen sehr gutes Englisch. Wir kamen ins Gespräch und sie haben sich entschlossen mit mir auf den Bus zu warten, der übrigens nur in den Seiten Straßen hält und gar nicht an den offiziellen Bushaltestellen. Letztendlich haben mich die beiden bis ins Zentrum begleitet, um mir die U-Bahn Station zu zeigen, die mich zum Hauptbahnhof bringen sollte, damit ich von dort einen Bus zurück nach Jocotepec nehmen kann. Dann verabschiedeten sie sich, weil sie eigentlich eingeladen waren.
Mit der U-Bahn fuhr ich nun bis zum Busbahnhof. Derweil hat es furchtbar angefangen zu regnen. Niemand am Busbahnhof konnte mir sagen, welcher Bus nach Jocotepec fuhr und viele wussten gar nicht, wo das überhaupt liegt…..
Schließlich habe ich Carmen angerufen und sie sagte mir, dass ich am falschen Busbahnhof sei. In Guadalajara gibt es nämlich einen alten und einen neuen Busbahnhof. Ich war am alten, der Bus nach Jocotopec fährt natürlich am neuen Bahnhof ab….
Carmen empfahl mir ein Taxi bis zu einer riesigen Kreuzung zu nehmen und dort auf den Bus zu warten. Zum Glück hatte ich Bargeld bei mir. Es regnete übrigens immer noch und es hörte erst auf, als ich in den Bus eingestiegen war. Natürlich. Und als hätte ich nicht schon genug am heutigen Tag erlebt, stieg ich in den Bus, der 2,5 Stunden unterwegs ist und nicht den einstündigen Direktbus. Gegen 20 Uhr war ich dann endlich wieder Zuhause.
So viele unübersichtliche Situationen, um 30 Minuten lang Vincent Van Goghs Werke zu bewundern……Aber es hat sich gelohnt!
Licht- und Schattenseiten in Jocotopec

Leider hatte ich in Jocotopec auch meine erste negative Erfahrung mit Mexiko gemacht. Mir ist ein verheirateter Mann mit dem Moped hinterhergefahren, um mich jedes Mal zu fragen, ob er mich irgendwo hinfahren kann oder ob wir zusammen am Malecon spazieren gehen wollen. Das Witzige an der Sache ist, dass der Mann nur Spanisch gesprochen hat. Ich kann aber nur ein paar Wörter verstehen und sprechen. Zum Glück ist das erst passiert, als ich kurz vor meiner Abreise stand. Trotzdem hatte ich die ganze Zeit ein mulmiges Gefühl, sobald ich das Grundstück verlassen hatte. Besonders beunruhigend fand ich, dass er einfach nicht aufgehört hat, obwohl ich vehement abgelehnt habe.
Ich ging dreimal die Woche ins Freibad und traf dort ein Mädchen, das Englisch gelernt hat, weil sie immer auf ein kleines Mädchen aufgepasst hat, dessen Eltern aus den USA kamen. Wir haben uns angefreundet und sie holte mich manchmal mit ihrem Roller ab. Ich erzählte ihr die ganze Geschichte von dem Mann, der mich verfolgt. Sie gab mir eine Telefonnummer, die ich anrufen könnte, sollte ich noch einmal verfolgt oder belästigt werden. Die Frauen von diesem Verein würden mir helfen und gegebenenfalls weitere Schritte einleiten.
Zum Glück bin ich kurze Zeit später abgereist und bei meinem nächsten Besuch hat er mich dann nicht mehr verfolgt und mich auch nicht mehr angesprochen.
Fazit zu meinem Workaway in Mexiko
Ich schreibe in diesem Blog meine Erfahrungen und Eindrücke, die ich unterwegs gemacht habe. Ich betone hier noch einmal, dass es MEINE Erfahrungen sind. Jeder reist anders, bleibt länger oder kürzer an einem Ort und nimmt unterschiedliche Dinge wahr. Nur weil ich eine negative Erfahrung gemacht habe, bedeutet das nicht, dass die Menschen dort generell schlecht sind oder ich das Land nicht mag. Ich möchte nur so authentisch wie möglich von meinen Erlebnissen berichten.
Übrigens habe ich in Ajijic viele Menschen getroffen, die nach Mexiko ausgewandert sind – wie ein Kanadier, der 28 Jahre lang in Deutschland lebte und während der Corona-Situation nach Mexiko zog.
In der Zeit in Jocotepec habe ich unglaublich viel über das Land gelernt – nicht nur über die Kultur, sondern auch darüber, wie hilfsbereit die Menschen sind. Egal wie chaotisch eine Situation schien, es fand sich immer eine Lösung – sei es durch einen freundlichen Polizisten, einen zufälligen Bekannten oder einfach den eigenen Improvisationstrieb. Gleichzeitig habe ich gelernt, dass man nicht alles für bare Münze nehmen sollte – nur weil ein Busfahrer sagt, dass dort ein Bus fährt, heißt das noch lange nicht, dass er wirklich kommt.
Diese Mischung aus Hilfsbereitschaft, kleinen Chaosmomenten und spontanen Lösungen hat meinen Alltag geprägt und mir gezeigt, wie lebendig und herzlich Mexiko ist.
Wenn du jetzt neugierig geworden bist und selbst ein Abenteuer erleben willst, schau doch mal auf der Workaway-Website vorbei!
Im dritten Teil erzähle ich von meiner Zeit als Lehrerin an der Deutschen Botschaftsschule – und warum ich dort meinen ganz persönlichen Kulturschock erlebt habe.


Häufig gestellte Fragen zum Workaway in Mexiko
Was ist Workaway in Mexiko genau?
Workaway ist eine Plattform, über die Reisende Unterkunft und Verpflegung im Austausch für Hilfe erhalten. In Mexiko gibt es zahlreiche Projekte, von Tierheimen über Farmen bis hin zu Sprachunterricht.
Wie finde ich einen passenden Workaway-Host in Mexiko?
Über die Workaway-Plattform kannst du gezielt nach Regionen und Projekten suchen. Lies dir die Bewertungen anderer Reisender durch, bevor du dich entscheidest.
Muss ich Spanisch sprechen, um bei Workaway in Mexiko teilzunehmen?
Es ist nicht zwingend notwendig, aber hilfreich. Viele Hosts sprechen Englisch, dennoch erleichtern Grundkenntnisse in Spanisch den Alltag enorm.
Ist Workaway in Mexiko sicher?
Wie überall hängt viel vom Projekt und der Umgebung ab. Grundsätzlich ist es sicher, wenn du dir Hosts mit guten Bewertungen aussuchst, auf dein Bauchgefühl hörst und im Notfall Hilfe einforderst.
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